Dienstag, 30. September 2008

Betriebspraktikum für Arbeitsrichter

in Baden-Württemberg - Ministerialdirektor Michael Steindorfner: "Es ist wichtig, dass Arbeitsrichter eigene Erfahrungen in den Unternehmen sammeln" - Seltene Einigkeit zwischen Arbeitgeberseite und Gewerkschaft
Datum: 20.12.2006
Kurzbeschreibung: Ab dem kommenden Jahr können Arbeitsrichter in Baden-Württemberg in einem sechsmonatigen Betriebspraktikum betriebliche Erfahrungen sammeln, die für ihre spätere richterliche Tätigkeit von Nutzen sein können. "Gerade in einem Rechtsgebiet wie dem Arbeitsrecht scheint es besonders wichtig, dass die Richter eigene Erfahrungen in den Unternehmen sammeln. Jeder Arbeitsrichter, der die Abläufe in einem Unternehmen in der Praxis selbst kennen gelernt hat, wird danach viel besser in der Lage sein, entsprechende Vorgänge in einem Rechtsstreit angemessen zu beurteilen und zu würdigen. Dies gilt sowohl für den Bereich der Unternehmensleitung und Personalabteilung, als auch für den Bereich des Betriebsrats", sagte Ministerialdirektor Michael Steindorfner als Vertreter von Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP) heute in Stuttgart bei der Unterzeichnung einer entsprechenden Übereinkunft zwischen Justizministerium, Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände e.V. (LV Ba-Wü) und Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) - Bezirk Baden-Württemberg.
"Es kommt selten genug vor, dass sich Arbeitgeberseite, Gewerkschaft, Ministerium und der Gerichtspräsident in der Sache einmal von vornherein vollkommen einig sind. Allein das zeigt aber, welche Bedeutung alle Beteiligten der Einführung solcher Betriebspraktika für Arbeitsrichter beimessen", betonte der Ministerialdirektor und zitierte zur Verdeutlichung Lessing: "´Der aus Büchern erworbene Reichtum fremder Erfahrung heißt Gelehrsamkeit. Eigene Erfahrung ist Weisheit´. Wir wollen vorwiegend den jungen Proberichtern möglichst viel praktische Erfahrung in Unternehmen mit auf den Weg geben. Denn mögen die juristischen Fachkenntnisse der jungen Richter auch noch so gut ausgeprägt sein, eigene praktische Erfahrungen können sie nicht ersetzen".

Steindorfner dankte dem Hauptgeschäftsführer der LV Ba-Wü, Dr. Ulrich Brocker, für die finanzielle Unterstützung. Nur so sei die vom Finanzministerium geforderte völlige Kostenneutralität für den Landeshaushalt zu gewährleisten. "Ohne dieses Engagement auf Arbeitgeberseite wäre die Einführung des Arbeitsrichterpraktikums sicher nicht möglich gewesen", erklärte Steindorfner. Sein Dank galt weiterhin dem DGB - Bezirk Baden-Württemberg, der die Bestrebungen des Justizministeriums zur Einführung des Betriebspraktikums von Anfang an gleichermaßen vorbehaltlos unterstützt habe. Schließlich dankte Steindorfner den beiden höchsten Arbeitsrichtern des Landes, dem Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Prof. Dr. Johannes Peter Francken und dessen Vizepräsidenten Dr. Eberhard Natter für ihre Unterstützung bei der Entwicklung des Praktikumsplans und der "von großem Sachverstand geprägten Projektbegleitung".

Stefan Wirz
Pressesprecher


Infos zum Betriebspraktikum für Arbeitsrichter:
Das Arbeitsrecht ist wie kaum ein anderes Rechtsgebiet sehr eng mit der dazugehörigen Praxis verwoben. Das Betriebspraktikum soll vorwiegend jüngeren Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichtern in Baden-Württemberg die Gelegenheit bieten, Einblicke in die betriebliche Praxis zu bekommen. Das Betriebspraktikum soll dazu beitragen, dass die Richter Entscheidungsprozesse vor allem im Personalbereich und im Betriebsrat, aber auch in den anderen betrieblichen Bereichen besser nachvollziehen können. Die Betriebe – in Frage kommen mittlere und größere Industrieunternehmen, in denen ein Betriebsrat vorhanden ist - werden im Einzelfall durch das Justizministerium auf Vorschlag der LV Ba-Wü unter Beteiligung des DGB und des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ausgewählt. Das Betriebspraktikum soll in der Regel sechs Monate dauern. Die LV Ba-Wü erstattet dem Land während der Dauer des Betriebspraktikums unter anderem die Kosten der Besoldung der Richter und übernimmt die Aufwendungen der beamtenrechtlichen Krankenfürsorge nebst Versorgungs- und Beihilfezuschlägen.

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